Die Mietpreise steigen in den meisten Städten Deutschlands von Jahr zu Jahr an. Dieser Trend ist allgemein bekannt und geht auch aus Analysen wie der Auswertung des Hamburger Gewos Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung hervor. Können sich langjährige Bewohner eines Viertels die Mieten dann nicht mehr leisten, bleibt ihnen häufig nur noch eine Wahl. Sie müssen umziehen. Doch in einigen Städten ist mittlerweile vom sogenannten Milieuschutz die Rede. Dementsprechende Verordnungen und Satzungen liegen beispielsweise in München, Frankfurt, Hamburg oder Berlin vor. Doch was ist eine Milieuschutzsatzung eigentlich?

Was bedeutet Milieuschutz?
Vermieter sind nach der Vermietung einer Wohnung unter Umständen berechtigt, die Mietkosten daraufhin zu erhöhen. Ein möglicher Verdrängungsprozess könnte einsetzen, wenn Unterkünfte in Quartieren mit altem Baustandard aufgewertet werden. Dabei steigen die Mieten zum Teil so drastisch an, dass sich viele Menschen den bisherigen Wohnraum schlichtweg nicht mehr leisten können. Dieses Problem betrifft allerdings nicht nur einzelne Personen, sondern schlimmstenfalls komplette Städte.
Problemfall Milieuschutz
Häufig werden die Mieter dann mit dem Argument vertröstet, dass stattdessen in anderen Gebieten der Gemeinde kostengünstiger Wohnraum erschaffen wird. Dadurch sollen betroffene Menschen überhaupt die Gelegenheit erhalten, eine neue Wohnung zu finden. Problematisch ist allerdings, dass viele Gemeinden dieses Versprechen schlichtweg nicht einhalten können. Ist außerdem von einem überwiegend durch Familien bewohnten Gebiet die Rede, müsste der neue Wohnort ebenfalls an die hierfür notwendige Infrastruktur angeschlossen sein. Doch dabei ist es natürlich noch schwieriger, ganz einfach neue Schulen oder Kindergärten zu errichten.
Kein Schutz für einzelne Mieter
Die grundsätzliche Regelung des Milieuschutzes sieht deshalb nicht vor, einen Schutz für einzelne Mieter zu bieten. Vielmehr besteht der Sinn und Zweck der Satzungen und Verordnungen darin, die Struktur in bestimmten Regionen zu erhalten. Gemäß § 172 Baugesetzbuch dürfen Gemeinden in Bebauungsplänen oder ähnlichen Satzungen Gebiete als solche kennzeichnen, in denen Bauten ausschließlich mit einer Genehmigung verändert oder rückgebaut werden dürfen. Einer etwaigen Nutzungsänderung müsste die zuständige Behörde ebenfalls zustimmen. Diese Regelung betrifft drei verschiedene Situationen – die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung, den Erhalt städtebaulicher Besonderheiten einer Region sowie das Stadtbild. Hierbei wird insbesondere die Zusammensetzung der Bevölkerung eines Gebiets als Milieuschutz bezeichnet.
Informationen sind für Mieter online erhältlich
Die Gemeinden dürfen auf die jeweiligen Gebiete direkt Einfluss nehmen. In vielen Bundesländern werden diesbezüglich sogar Erhaltungssatzungen erlassen. Weil die Verwaltung von Stadtstaaten allerdings einem anderen Aufbau unterliegt, werden die rechtlichen Grundlagen dort als Erhaltungsverordnung bezeichnet. Gemeinde und Städte sind verpflichtet, die Verordnungen und Satzungen öffentlich bekannt zu machen. Häufig geben Städte per Internet darüber Auskunft, welche Regionen im Einzelnen unter Milieuschutz stehen. Bei diesen Internetpräsentationen wird auch klargestellt, welche Wohngebiete aktuell geplant sind. Alternativ können sich Interessenten ebenfalls beim zuständigen Amt darüber erkundigen.
Umbauaktionen stellen Immobilienbesitzer vor große Herausforderungen
Diese Regelung bedeutet mit anderen Worten, dass teuren Sanierungen sowie einem damit verbundenen Anstieg von Mieten zukünftig mehr Steine in den Weg gelegt werden. Das bedeutet zwar nicht, dass Umbauaktionen generell verboten sind. Allerdings müssen das Bauordnungsamt sowie die Baubehörde dementsprechende Maßnahmen bestätigen. Jedoch betreffen diese sozialen Erhaltungssatzungen auch nur den Bestand und nicht die Neubauten. Häufig werden Baumaßnahmen wie kleine Balkone, Einbauküchen oder ein Einbau von Aufzügen bestätigt. Eine Genehmigung ist außerdem notwendig, wenn der Wohnraum Mindestvorschriften des Bauordnungsrechts oder Regelungen der Energieeinsparverordnung angepasst werden muss. Als nicht genehmigungsfähig gelten kostentreibende Maßnahmen, die für eine "normale Nutzung" von Wohnraum nicht dringend notwendig sind, aber schlichtweg "schön wären". Klassische Beispiele sind Kamine, ein zweiter Balkon, Fußbodenheizungen oder ein Kinderspielplatz.
Gerichte dürfen individuell entscheiden
Deutsche Behörden sind hierbei keinen einheitlichen Regelungen unterlegen. Genehmigungen sind häufig klassische Auslegungssache. Einem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg mit dem Aktenzeichen OVG 10 B 9.11 zufolge lehnte diese Institution einen nachträglichen Fahrstuhl-Einbau ab, falls in der Region sowieso eine sehr hohe Verdrängungsgefahr bestand und diese Entwicklung durch die Maßnahme noch verstärkt werden würde. Doch das ist dennoch kein Präzedenzfall.
Für viele Umbauten sind Genehmigungen notwendig
Diese Anforderungen an den Milieuschutz dürften Eigentümern vieler Wohnungen aufstoßen. Schließlich würde diese Regelung für viele Immobilienbesitzer bedeuten, das Wohneigentum nicht individuell nach eigenen Wünschen und Vorstellungen gestalten zu können. Ein Beispiel sind Anträge auf Grundrissänderungen, die sich durch die Zimmeranzahl häufig ändern. Derartige Anträge werden häufig abgelehnt. Außerdem steht es den Landesregierungen frei festzulegen, inwiefern Mietwohnungen in Milieuschutzregionen umgebaut werden dürfen oder nicht. Denn für diese Vorhaben bedarf es einer entsprechenden Genehmigung. Bei einem Verkauf der Objekte könnte der Preis des Wohnraums deshalb oft niedriger als erhofft sein. Außerdem dürfen Gemeinden in Milieuschutzregionen laut § 24 Baugesetzbuch auf ihr Vorkaufsrecht bestehen. Partiell müssen potenzielle Käufer stattdessen eine Verpflichtung eingehen, um sich an bestimmten Vorgaben zu orientieren.
Vorteile für Mieter
Für Mieter bedeutet die Milieuschutzsatzung, auf keine eigenen Rechte der Verordnung oder Satzung bestehen zu dürfen. Bereitet ein Vermieter seine Mieter deshalb auf Modernisierungsmaßnahmen vor, dürfen sich Mieter beim zuständigen Amt erkundigen, ob diese Vorhaben auch tatsächlich bewilligt wurden. Stimmt ein Amt den Umbauten zu Recht zu, dürfen Mieter daraufhin gegen etwaig folgende Mietsteigerungen vorgehen.