Ob komplettes Haus oder neues Möbelstück: der Blick auf die Preisliste verrät, dass die Kosten für Handwerker und Baumaterial nur eine Richtung kennen – nach oben! Schenkt man aktuellen Prognosen Glauben, ist die Spitze dieser Entwicklung allerdings noch nicht erreicht.
Handwerker sind derzeit in Deutschland Mangelware
Wer sich zur Zeit auf die Suche nach einem Handwerker befindet, weiß, dass dieses Vorhaben der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen gleicht. Und wer dann endlich einen Handwerker gefunden hat, wird von den auf Kostenvoranschlägen errechneten Preisen nur wenig begeistert sein. Ganz gleich, ob eine Küche eingebaut, die Terrasse neu gestaltet oder ein ganzes Haus errichtet werden soll, die Kosten für Dienstleistungen wie diese sind extrem hoch. Von Material bis Handwerkern – Wohngebäude und Gewerbebauten sind heutzutage Investitionen, die man sich erst einmal leisten können muss.
Ein Ende der Bauflation ist noch nicht in Sicht
Eine derzeitige Prognose des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung – des DIW - zeigt zudem auf, dass sich an dieser Situation in den nächsten zwei Jahren vermutlich nichts ändern wird. Nach aktuellem Stand der Dinge wird die sogenannte Bauflation immer stärker voranschreiten. Für das Jahr 2019 prognostiziert das DIW einen weiteren Preisanstieg von etwa 4,5 Prozent. Zudem geht das Institut für 2020 aufgrund der aktuellen Bauvolumenrechnung von einem weiteren Plus von 3,5 Prozent aus. Durch diese Entwicklung übersteigt die sogenannte Bauflation die normale Inflation um beinahe das Doppelte.
Für 2019 sind deutschlandweit über 300.000 neue Wohneinheiten gefragt
Als wichtigsten Grund für diese Entwicklung betrachten Ökonomen die hohe Nachfrage im Wohnungsbau. Der Bauboom erstreckt sich über viele Regionen, wie Zahlen beweisen. Im Jahr 2018 wurden hierzulande ungefähr 300.000 Wohnungen fertiggestellt. Für 2019 geht die Bauindustrie von etwa 320.000 neuen Wohneinheiten aus. Mit diesem Anstieg hätte sich das Fertigstellungsniveau innerhalb von neun Jahren verdoppelt. Dennoch betrachtet es das DIW als problematisch, dass der Staat die Preisentwicklung mit beeinflusst. Seit einigen Monaten treibt die Bundesregierung mit der Bereitstellung des Kinderbaugelds den ohnehin schon sehr überhitzten Markt noch einmal zusätzlich durch Zahlungen in Milliardenhöhe voran. Eine weitere Komponente ist die steuerliche Sonderabschreibung für den Mietwohnungsbau, die allerdings bis 2020 befristet ist. Diese zusätzliche Finanzspritze ist zwar gut gemeint. Allerdings beeinflussen die Zusatzgelder die Baubranche, deren Optionen für einen Expansion weitgehend erschöpft sind. Die logische Konsequenz: Preise steigen weiter und weiter an.
Die Baubranche ist längst an ihren Grenzen angelangt
In diesem Zusammenhang betont Claus Michelsen als Konjunkturchef der DIW, dass die staatliche Förderung in einer Situation erfolgt, in der die Bauindustrie längst am Limit agiert. Zumindest seit der Wiedervereinigung hätte es keinen Zeitpunkt gegeben, zu der die Bauwirtschaft so sehr an ihre Auslastungsgrenzen geraten ist wie jetzt. Da zahlreiche dieser Förderoptionen jedoch in einigen Jahren wieder der Vergangenheit angehören könnten, werden Baufirmen wohl kaum bemüht sein, unternehmensinterne Kapazitäten aufzustocken. Vielmehr wird die zusätzlich erlangte Kaufkraft dazu führen, dass sich der ohnehin viel zu starke Preisantrieb noch einmal beschleunigt und einen nominalen Anstieg des Wohnungsbauvolumens herbeiführt. Diesen Schluss lässt zumindest der aktuelle Bauvolumenbericht zu.
Ist eine Nachverdichtung die Lösung für das Immobilienproblem?
Gezielte Anreize könnten seitens von Politikern darin bestehen, eine Nachverdichtung zu forcieren und Anreize für eine Innenentwicklung zu erschaffen. Auf diese Weise würden Investitionszulagen dazu eingesetzt werden, eine Erschaffung von zusätzlichen Wohnraum zu fördern. Besonders wichtig sei es, sozialen Wohnungsbau zu unterstützen und auf bestimmte Gebiete zu begrenzen. Dieser Vorschlag wird beispielsweise durch Daniel Föst, den bau- und wohnungspolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, unterstützt. Seiner Meinung nach verschlingen Zuschüsse wie das Baukindergeld Beträge in Milliardenhöhe. An der Wohnungsknappheit wurde sich durch diese staatliche Unterstützung jedoch kaum etwas ändern. Es mangelt nicht an Geld, sondern an Baugrundstücken sowie Kapazitäten in Genehmigungsbehörden sowie bei Bauunternehmen. Dieses Problem scheint die GroKo bislang noch nicht genügend wahrgenommen zu haben. Eine mögliche Gegenmaßnahme seien unter Umständen Steuererleichterungen bei einer Umwidmung landwirtschaftlich genutzten Landes. Außerdem könnte ein Ausbau von Dächern in Metropolen zu einer Entlastung der Situation führen.
Finanzielle Unterstützung an der falschen Stelle?
Die Grünen pflichten dieser Ansicht zwar bei, verweisen jedoch auch auf andere Notwendigkeiten. Nach Ansicht dieser Politiker gelte es als bau- und konjunkturpolitisch nicht nachvollziehbar, weshalb ein ohnehin schon maßlos überhitzter Markt noch einmal durch Zuschüsse an seine Grenzen gebracht werden soll. Laut Aussage von Chris Kühn, einem Mitglied der Grünen-Bundestagsfraktion und dem Sprecher für Wohnungs- und Baupolitik, lässt die Einführung des Baukindergelds die Baupreise noch einmal zusätzlich ansteigen. Das Problem für eine Erschaffung bezahlbaren Wohnraums wird dadurch nicht gelöst. Dabei sollte eine Erschaffung sozial gebundenen Wohnraums doch im Fokus der Immobilienbranche liegen.
Bauunternehmen versuchen, ihre Kapazitäten auszuschöpfen
Felix Pakleppa als Vertreter des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe – des ZDB – weist den Vorwurf von sich, dass das Bauhandwerk nur verzögert über einen Ausbau neuer Kapazitäten nachdenkt. Schließlich sei der Anteil in der Baubranche beschäftigter Personen 2017 auf 2018 von 812.000 auf 832.000 Beschäftigte angestiegen. Seit 2009 hat sich der Anteil in der Branche beschäftigter Personen um 18 Prozent erhöht. Zudem steigert sich der Anteil an Lehrlingen ebenfalls stetig. Seiner Meinung nach ist der Anstieg höherer Baupreise in erster Linie auf höhere Tariflöhne und ansteigende Materialkosten zurückzuführen. Dennoch gibt der ZDB-Vorgesetzte zu, dass Unternehmen zunehmend gezwungen sind, nachhaltige Förderungen in ihre Kalkulation einfließen zu lassen. Zwar könnten Unterstützungen wie Sonderabschreibungen zwar keine nachhaltige Investitionsbereitschaft aktivieren, doch damit verbundene Entscheidungen durchaus positiv unterstützen.