Kaum zu glauben, aber dennoch wahr: deutschlandweit stehen Millionen an Wohnungen leer. Aus einer neuen Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung – dem BBSR – geht nun hervor, dass allein im Jahr 2017 rund 2,14 Millionen Wohnungen leerstanden. Diese Anzahl entspricht einem Anteil von etwa 5,2 Prozent. Im Jahr 2016 belief sich dieser Anteil noch auf ungefähr 4,8 Prozent oder 1,98 Millionen Wohnungen. Die Auswertungen des BBSR verweisen auf zwei Tendenzen, die sich regional massiv unterscheiden. Einerseits verzeichnen große deutsche Metropolen wie München, Berlin oder Hamburg eine Leerstandsquote von weniger als einem Prozent. Andererseits müssen viele Landkreise aus Ostdeutschland, der Eifel oder dem nördlichen Teil Bayerns eine Leerstandsquote von über zehn Prozent bestätigen.
Leerstand in ländlichen Immobilien
Die Tendenz zu zunehmend mehr leerstehenden Wohnungen steigert sich laut BBSR unaufhörlich. Ausnahmen waren die Jahre 2015 und 2016, in denen diese Entwicklung durch die Flüchtlingswelle unterbrochen wurde. Der landesweit höchste Anteil an leerstehenden wird in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mit Leerstandsquoten zwischen 10 sowie 12,6 Prozent verzeichnet. Diese Entwicklung begründet der BBSR überwiegend mit der Abwanderung aus ländlichen, strukturschwachen Regionen. Doch im Gegenzug betont das Bundesinstitut ebenfalls, dass in diesen Regionen vermehrt eine häufige Bautätigkeit stattfände. Dennoch entsteht ein Überangebot an älteren Geschosswohnungen, für das der Bedarf an Immobilieninteressenten einfach zu gering ist.
Auf dem Land herrscht Immobilienüberschuss
Die Ausführungen des BBSR geben einen Einblick in das wachsende Ausmaß an Immobilien, die deutschlandweit ganz einfach am Bedarf vorbei gebaut werden. Erst kürzlich wies das Institut der deutschen Wirtschaft, das IW, darauf hin, dass auf dem Land zu viel neuer Wohnraum entsteht. Während der Wohnraum in Ballungszentren deshalb nach wie vor Mangelware ist, entstehen in strukturschwachen Städten und Landkreisen zu viele Wohnungen. Laut dem IW-Modell wurden in 69 von insgesamt 401 kreisfreien Städten und Landkreisen in vergangener Zeit sogar mehr als 50 Prozent an neuen Wohnungen errichtet, als wirklich benötigt werden. Dadurch entsteht einerseits Leerstand. Andererseits mangelt es in deutschen Metrpolen an Hunderttausenden an Wohnungen.
Droht der europäische Immobilienmarkt zu überhitzen?
Stattdessen befürchtet ein unter der Leitung von EZB-Chef Mario Draghi geführtes Expertengremium eine Überhitzung des in Europa bestehenden Immobilienmarkts. Denn in vielen europäischen Ländern gehe ein Anstieg von Wohnimmobilienpreisen mit einer drohenden Überbewertung einher. Dies teilte der Europäische Ausschuss für Systemrisiken, der ESRB, in seinem Jahresbericht mit. Darüber hinaus hätten sich in einigen Ländern die Haushalte für eine Finanzierung von deren Immobilienkäufen stark verschuldet. Dadurch wäre der komplette Wohnungsmarkt wesentlich anfälliger, falls sich deren wirtschaftliches Umfeld sukzessive verschlechtert. Diese Tendenz könnte wiederum dazu führen, dass Banken oder andere Immobilienfinanzierer bei einem drohenden Abschwung des Immobilienmarkts Verluste einfahren.
Der Blick auf den Immobilienmarkt in Europa
Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich gemäß ESRB übrigens in den meisten Ländern ebenfalls für Gewerbeimmobilien ab. Für diesen Wandel ist beispielsweise das hohe Interesse von Investoren nach Renditen verantwortlich. Vom Standpunkt der Risikowächter aus sei das Wachstum bei einer Vergabe von Gewerbeimmobilien-Krediten jedoch überschaubar. Deutschland, Italien oder Spanien sind sogar Länder, in denen negative Renditehöhen berechnet werden